Wir (Oliver und ich) konnten es am Samstag, 10.10.2020, nicht lassen, das ist auch ein sehr elegantes Datum.
Gemeint ist unser Besuch beim neuen Ladepark Hilden, der an diesem Tag seinen zweiten offiziellen Tag und den ersten Samstag überhaupt in Betrieb war. Auf dem Hinweg hatten wir Gegenwind und nasse Straße, der Verbrauch war also etwas höher. Mit einem kurzen Ladestopp in Kamen kamen wir stressfrei am Hildener Kreuz an. Und wir waren definitiv nicht die ersten und auch der Hofbereichterstatter Nino lief bereits auf dem Gelände herum.
Alle Kritikpunkte an Ladesäulen aus Martins Buch „Das E-Dilemma oder die Freude am Fahren“ (unbeleuchtete Ladesäulen im Nirgendwo, keine Überdachung, keine Infrastruktur und nicht einmal ein Mülleimer) werden an diesem Ladepark behoben 🙂 🙂
Der neue Ladepark Hilden ist derzeit der größte in Europa, aber ist das wesentlich? Der beste ist er definitiv und das zählt! Vor allem, weil er alle denkbaren Ladeoptionen bietet und insgesamt einfach sehr gut durchdacht ist.
Neben 20 Superchargern (V3 und V2, falls der Tesla noch keinen CCS-Anschluss hat) und vier übermannshohen Fastned-Ladern, die auch 800 V-Systeme laden können und CHAdeMO-Anschlüsse mitbringen, gibt es auch zahlreiche AC-Ladepunkte von 7 kW bis 22 kW Leistung zu konkurrenzlosen Preisen von 15 bis 17 Cent pro Kilowattstunde und Aktivierung per Kontokarte. Vier Schuko-Dosen runden das Angebot ab, hier kann also wirklich jeder Ladewunsch abgedeckt werden.
Ein weiteres Highlight ist Roland Schürens Seet & Greet Backladen, der frische Vielfalt und feinen Kaffee bietet, zu Bäckerei- und nicht Raststättenpreisen. Kein Wunder, wenn die Schlangen an diesem Tag mehrmals bis weit vor die Eingangstür reichten. Dort bemerkt man auch die windige Lage – wir wünschen Bäcker Schüren, dass er die von ihm angestrebte Windkraftanlage auch umsetzen darf.
Damit sind wir auch schon bei den technischen Hintergründen angekommen, die nicht weniger schmackhaft als das Nahrungsangebot am Ladepark sind: Die 340 kW-Peak-Solaranlage und der 1 MW-Pufferspeicher, mit dem Lastspitzen vom Netz ferngehalten werden und unverbrauchte Sonnenenergie gespeichert wird.
An diesem Samstag waren alle Teile des Systems definitiv stark gefordert, denn nahezu alle Ladeanschlüsse waren fast permanent ausgelastet. Beim ständigen Kommen und Gehen der Ladewilligen konnte man eines sehr deutlich hören, nämlich wie leise die Elektromobilität ist. Trotz des Verkehrs waren Unterhaltungen in angenehmer Zimmerlautstärke möglich und Gestank gab auch keinen. Die drei oder vier Verbrennerfahrzeuge, die sich doch in den Ladepark verirrten, waren umso auffälliger, allerdings nicht unbedingt im positiven Sinn.
Das Ende der Verbrennertechnik konnte man an diesem Samstag mit Händen greifen. Obwohl das Feld der ladenden Autos naturgemäß sehr Tesla-lastig war, gab es eine enorme Vielfalt zu sehen: Wir konnten nahezu alle derzeit tatsächlich in Deutschland verkauften Modelle sowie einen Twizy und einen Niu-Roller (dafür die Schukos!) sehen und auch teilweise das Ladeverhalten mitverfolgen.
Aber wir haben auch alle möglichen Lader selbst ausprobiert. Der riesige Fastned-Lader kam zuerst an die Reihe.
„Warum steht ein Tesla an einem Fastned-Charger?“, ließ der erste Kommentar nicht lange auf sich warten. Jugend forscht eben!
185,6 kW war unsere Tagesbestleistung, wegen einer Baustelle vor Hilden war der Akku nicht optimal warmgefahren und unser SoC war mit 24 % auch einen Tick zu hoch, um Rekorde zu brechen. Trotzdem: Ein tolles Ergebnis, das wir genau drei Minuten lang ablaufen ließen, denn mit 58 Cent war dieser Strom (Ladung über Shell Recharge) nicht so sehr günstig.
Immerhin: Fast 7,6 kWh in drei Minuten geladen, das ist beeindruckend schnell – etwa zehnmal schneller, als mein Renault Zoe.
Die zweite Station: Tesla SuC V2 wegen des günstigeren Strompreises, wir hatten es ja nicht extrem eilig. Mit etwas Bäckerschlange war der Ladestand schon nach dem ersten Espresso bei 85 % angelangt und wir wechselten auf einen freigewordenen AC-Lader von Seed & Greet mit 22 kW Leistung. Unser Ladeplatz am Supercharger blieb jedenfalls nicht lange leer…
Nebenbei bemerkt: Es gibt auch eine Reihe von Parkplätzen ohne Ladesäule. Die sind ideal, wenn man fertig geladen hat aber die gastronomische Pause verlängern möchte oder auch nur mal beim Bäcker Brötchen holen will.
Wir haben diese Gelegenheit ergriffen, um für den Wolfsburger E-Stammtisch Werbung zu machen!
Wie erwähnt war es windig, den Aufsteller konnten wir leider nicht allzu lange verwenden. Trotzdem gab es einige schöne und interessante Gespräche.
Irgendwann hatten wir die 100 % im Akku und verließen den Ladepark in Richtung Wolfsburg. Dank trockener Strecke und ein wenig Rückenwind reichte das für die 350 Autobahnkilometer. Für die Statistik: Der Ausflug ging über 703 Kilometer, auf denen wir 133 kWh verbraucht haben – 18,9 kWh pro 100 Kilometer.
Nun zum Fazit: Das Ladepark Hilden ist der verwirklichte Traum einer Ladestation entlang einer Autobahn! Und er zeigt auch, was durch Integration scheinbar unterschiedlicher Bereiche durch einen Bäcker, der nicht bei seinen Brötchen geblieben ist, geschafft werden kann, ganz ähnlich, wie es Tesla selbst macht.
Es ist die intelligente Kombination und Integration, die echte Vorteile für die Kunden und die Projektbeteiligten bringt und nicht das Silodenken: hier der Solarparkbetreiber, dort der Brötchenbäcker, daneben der Stromverkäufer – das ist ineffizient. Wenn man bedenkt, dass Roland Schüren den eigenen Strom ab 15 Cent verkauft kann man sich ausrechnen, wie viel Geld in den vielen Schichten von diversen Betreibern und Abrechnungssystemen hängen bleibt und zwar ohne, dass die alle wirklich reich werden – es ist nur ineffizient für alle Beteiligten. Genau das macht der Ladepark Hilden komplett anders.
Er ist also nicht nur technisch und gestalterisch ein zukunftsweisendes Projekt, sondern auch als Geschäftsmodell.
Wir wünschen einen riesigen Erfolg und viele Nachahmer!
— Martin
Wer mehr lesen möchte: Hier sind alle Informationen zum Buch „Das E-Dilemma und die Freude am Fahren“ zu finden.