Neulich hatte ich beruflich in Hamburg zu tun. Dabei tat ich etwas, was ich unter ähnlichen Umständen häufiger tue: Ich wartete auf einen Zug der Deutschen Bahn, der pünktlich und nicht bestreikt war. Was ich dabei sah, war der ORA Funky Cat in Hamburg.
Zwar nur auf einem Plakat, aber das fand ich dennoch bemerkenswert. Offensichtlich hat China Inc. begonnen, mit Ora von Great Wall Motors (GWM) und BYD den Image-Aufbau des chinesischen Autobaus zu starten. Die Message bewegt sich zwar völlig im konventionellen Rahmen der Auto-Werbung: „Let’s have fun“ als Message mit einem ziemlich androgynem Werbegesicht.
Kein Wort vom elektrischen Antrieb oder von Effizienz. Das wollen deutsche Autokäufer anscheinend nicht hören!
Den ORA Funky Cat (oder einfach nur ORA in anderen Märkten) konnte ich bereits im Februar 2023 auf der eCar Expo sehen.
Das Blech ist hübsch und innen ist er ebenfalls nett gestylt.
Das Cockpit mit zwei relativ kleinen Bildschirmen sieht angenehm konventionell aus und ist durch den Lederüberzug auch hübscher als bei manchem Mitbewerber. Viele Bedienungselemente sind auf dem Lenkrad untergebracht, zumindest sind sie mit echten Tasten ausgeführt.
Vieles wirkt vertraut, weil man es von anderen Autos kennt. Beispielsweise die Bedienungselemente in der Mittelkonsole vom Mini. Positiv: Beinahe kein Klavierlack zu finden!
In der Mittelkonsole lässt der Renault Zoe grüßen. Im ORA gibt es jedoch zum Glück zwei USB-A-Anschlüsse, wobei einer der beiden nur Strom liefern dürfte – auch wichtig natürlich.
Die Überwachung der Fahrerin darf nicht fehlen.
Die hintere Sitzreihe ist kein Tanzsaal, aber für den Stadtverkehr ausreichend bis gut.
Dachkonsole und relativ kleines Glasdach sind mit dabei, nur den Haltegriff an der Fahrerseite hat man sich von Tesla abgeschaut: Er fehlt nämlich…
Die Türen sind kostengünstig gemacht, aber durchaus in Ordnung für diese Fahrzeugklasse. In den gut ausgestatteten Modellvarianten gibt es elektrische Sitzverstellung.
Etwas weniger glücklich finde ich die Technik.
Der Motorraum wirkt ein wenig kraut- und rübenartig zusammengestopft, einen Frunk gibt es nicht. Dafür kommt ein etwas billig wirkendes Hilfsgestell als Geräteträger zum Einsatz.
Diese Konstruktion erinnert direkt an den Suda SA01 vom November 2020. Dessen Technik wirkte nicht hochwertig, muss aber auch am auch für damalige Verhältnisse extrem günstigen Preis gemessen werden: unter 11.000 Euro – das waren noch Zeiten!
Wo man es nicht sofort sehen kann, ist der ORA Funky Cat ebenfalls ziemlich günstig gemacht, beispielsweise mit einer 50 Cent-Haltestange für die Motorhaube.
Solche Biegeradien für die HV-Kabel lassen mich allerdings um die Langzeitqualität fürchten.
Klar ist das alles Automobiltechnik aus dem Teileregal, so wie das aus dem Zulieferer-Katalog geholt wird und das ist alles grundsätzlich völlig in Ordnung. Bei Preisen von 39 kEUR bis nahezu unglaubliche 50 kEUR (ORA Funky Cat GT) erwartet man doch etwas mehr. Bei 40 kEUR ist die Konkurrenz schon ziemlich dicht. Vergleiche sind klarerweise schwierig und es wäre eine ganz andere Fahrzeugklasse, doch für 45 kEUR gibt es derzeit immerhin das Tesla Model Y Standard Range zu kaufen, das ebenfalls in China produziert wird.
Vielleicht sollte man eine Autoplattform nicht unbedingt „Lemon“ (= Montagsauto) nennen?
Innen ist der ORA Funky Cat durchaus angenehm gelungen, aber der richtige Knüller ist das Auto leider nicht. Trotz der Werbung in Hamburg…