Kürzlich hatte ich das Vergnügen, einen Termin in Lyon wahrnehmen zu müssen, immerhin knapp über 1.000 Kilometer pro Richtung. Es war schnell klar: Ich fahre elektrisch nach Lyon. Blieb noch die Wahl: Elektrisches Auto oder elektrischer Zug. Beide fahren mit Strom und das ist zweifellos gut.
Allerdings streikte die DB zu dieser Zeit ein wenig zu häufig und ich hatte bereits zu viele Termine im Kalender. Video-Konferenzen im Zug habe ich mir abgewöhnt, denn das funktioniert einfach nicht gut genug. Da hat Deutschland viel aufzuholen, denn in Skandinavien wäre das kein Problem gewesen.
Meine Strategie war daher: Den halben Tag arbeiten und den halben Tag fahren.
Und auch auf dieser Langstrecke sollte primär der Ladeservice von Elli zum Einsatz kommen, ich plante weiterhin mit Tesla ohne Supercharger.
Erste Etappe: Braunschweig à Mannheim (428 km)
Bei kühlem Sonnenwetter (6 Grad) und 95 Prozent Ladestand ging es los, der Trip-Zähler wurde vor Abfahrt zurückgesetzt. Nachdem ich in Mannheim gewohnt hatte, war mir die Strecke sehr vertraut und die Navigation gab keine Rätsel auf.
Aufladen am Zielort würde problemlos sein, denn die MVV Energie AG hat eine recht erfreuliche Anzahl von Ladepunkten in Mannheim errichtet, unter anderem auch in einigen Tiefgaragen, beispielsweise unter dem schönen Wasserturm oder im Rosengarten, der überhaupt kein Garten, sondern ein Veranstaltungszentrum ist 😉
Nur eine einzige kurze Zwischenladung war auf der Strecke geplant, und zwar bei Ionity in Kirchheim / Tal. Die Nachfrage war groß und die Anwesenheit von Servicewagen und Servicetechniker wirkte beunruhigend, also lieber nicht zu lange verweilen! In 16 Minuten flossen 22,3 kWh ins Auto (EUR 7,82). Zugegeben, das war nicht viel oder ich war zu flott unterwegs, denn in Mannheim betrug der Ladestand nur noch 9 Prozent. Noch lange kein Grund zur Unruhe!
Über Nacht flossen 63,7 kWh für EUR 23,66 in den Akku, auch wenn die Kabelführung wegen eines defekten Ladepunkts etwas abenteuerlich ausfiel.
Bis hierher hatte ich 72 kWh geladen und der Durchschnittsverbrauch lag bei 16,9 kWh pro 100 km.
Zweite Etappe: Mannheim nach Lyon (620 km)
Diese Strecke war nicht minder sonnig, jedoch spürbar länger. Ein Telefontermin zwang mich zu einem Zwischenstopp, den ich mit einem Ladevorgang kombinieren wollte. Zur optimalen Zeit gab es einen Triple-Charger an der Raststation Schauinsland (perfekter Name 😉), an dem leider ein ID.4 am CCS-Anschluss hing. Also blieb mir der AC-Stecker, besser als nichts.
Kurioserweise brach die CCS-Ladung ab, kurz nachdem ich meinen AC-Ladevorgang gestartet hatte. Ich wurde zwar kurz des Ladeabbruchs beschuldigt, aber nachdem der freundliche Fahrer den Ladevorgang nicht mehr in Gang bringen konnte, wurde ich vom Haken gelassen. Ich glaube allerdings, dass die Ladesäule aus irgendeinem Grund (Wärme? Begrenzung der Anschlussleistung?) nicht gleichzeitig auf CCS und AC laden wollte oder konnte. Das war nicht gut! Die Situation zeigte allerdings, dass bei älteren Ladesäulen eine gewisse Vorsicht angebracht war. Für mich war der Strom lediglich ein Bonus und wäre nicht nötig gewesen.
Klarerweise hatte ich mich nach dem enttäuschten Abziehen des ID.4 auch noch an CCS angehängt und siehe da: es funktionierte problemlos! 20,2 kWh (Mischpreis AC-DC EUR 9,00) in 46 Minuten waren das magere Ergebnis, im Durchschnitt nur 26,3 kW Ladeleistung.
Auf dem Weg passierte ich das Denkmal der ersten TGV mit der Bezeichnung TDu 002 aus dem Alsthom-Werk in Belfort (damals hatte das Unternehmen noch den zusätzlichen Buchstaben im Namen, heute heißt es nur noch Alstom). Dieser Zug war ein ziemlich irres Ding, denn er wurde durch vier Gasturbinen mir insgesamt 4.400 PS angetrieben, die den Strom für die zwölf Antriebsmotoren erzeugten. Damit war mit einer Dienstmasse von 192 Tonnen bereits 1972 eine Höchstgeschwindigkeit von 318 km/h möglich. Heute kommt der Strom für den TGV selbstverständlich aus der Oberleitung und der Rekord des TGV liegt bei 574,8 km/h…
Nächster Zwischenstopp: Ein Fastned-Lader an der Raststation Aire d’Écot Sud. Der hatte ein Solardach, war aber derartig neu, dass er auf Google Maps noch nicht zu sehen war. Macht nichts! Gleichzeitig ergab sich ein dringend notwendiger Bio-Stopp.
Der CCS-Anschluss der Fastned-Säule funktionierte sofort und dank der Abrechnung nach Zeit wanderten in den 17 Minuten Ladezeit 22,7 kWh für günstige EUR 5,27 (23 Cent / kWh) in die Batterie.
Durch ABRP wusste ich: Vor mir lag eine Lademöglichkeit von Ionity, mit Elli besonders günstig. Deshalb war der Fastned-Ladestopp nur ein kurzer Energiesnack, um den Ionity-Lader sicher erreichen zu können, ohne die Geschwindigkeit reduzieren zu müssen.
Generell ist festzustellen: Das Laden ist in Frankreich deutlich günstiger als in Deutschland. Allerdings: Es gibt in Frankreich eine Autobahnmaut, die nicht billig ist. Als Ausgleich kann man die Autoroute A 36 als sehr gut ausgebaut bezeichnen.
Bis hierher standen 862 Kilometer und 146 kWh auf dem Zähler, Durchschnitt 17,6 kWh pro 100 Kilometer. Das entsprach nahezu exakt meinem Verbrauchsdurchschnitt über das gesamte Autoleben bisher (17,8 kWh pro 100 km) und war relativ hoch, was der erhöhten Durchschnittsgeschwindigkeit geschuldet war: 135 km/h waren problemlos und kontinuierlich möglich und ich wollte ankommen!
Auch wenn die Verkehrsführung an der Raststation Aire d’Écot Sud etwas kompliziert war: Die Ladesäulen waren gut zu finden.
Die Ladesäulen von Ionity waren nicht von neuester Bauart, dafür war das Widmungsschild der EU-Förderung wirklich groß. So konnte ich dank EU mit bis zu 192 kW laden und 37,4 kWh wurden in 17 Minuten geladen. Damit war die Ionity-Säule etwa 20 Prozent leistungsstärker als der Fastned-Lader. Kostenpunkt war EUR 13,12 (35 Cent pro kWh, der Elli-Preis bei Ionity mit dem Tarif „Elli Highway“ bis Dezember 2022).
Bemerkung am Rande: In Frankreich waren die Strompreise am Supercharger bereits seit längerer Zeit deutlich niedriger, beispielsweise 41 Cent in der Nebenzeit und 45 Cent in der Spitzenzeit (16-20 Uhr) am Supercharger Bourg-en-Bresse. Sie sind aber nicht an jedem Standort gleich, was ich bereits bei meiner Fahrt nach Paris festgestellt hatte.
Nun war ich Lyon schon sehr nahegekommen. Im Vorort Villeurbanne gibt es ein interessantes Verkehrskonzept.
Obwohl hier sechs Fahrstreifen zur Verfügung stehen, gibt es für den Autoverkehr nur zwei. Jeweils ein Fahrstreifen ist mit Markierungsblöcken versperrt und die Fahrbahn rechts im Bild ist nur für Autobusse und Fahrräder vorgesehen.
Man kann sich vorstellen, wie stark der Autoverkehr damit eingeschränkt wird. Aber es scheint zu funktionieren! Mit dem Auto unterwegs zu sein, ist auf diese Weise ein sehr mäßiges Vergnügen und der öffentliche (Bus-)Verkehr ist relativ gut ausgebaut und kann sich auf der freien Straße effizient bewegen. Für Individualverkehr in Randzeiten (oder für Touristen wie mich) reicht die verengte Fahrbahn aus.
Was hätte man sich beim Straßenbau sparen können! Damals wäre diese Idee vermutlich jedoch gescheitert, die Zeit war wohl noch nicht reif dafür.
Nach 1.066 Kilometern war ich am Ziel, 184 kWh hatte ich verbraucht und mein Durchschnitt lag bei 17,3 kWh pro 100 Kilometer, was in Anbetracht des Autobahnanteils in jeder Hinsicht in Ordnung war.
Weil ich das Auto in der mir unbekannten Gegend nicht über Nacht an einer Ladesäule parken wollte, gab es noch einen letzten abendlichen Schnellladevorgang am örtlichen Carrefour: 43 kWh in 29 Minuten für EUR
9,18 (21,3 Cent pro kWh) waren ein Top-Angebot. Da könnten sich unsere Aldis, Familas und Bauhäuser noch eine gute Scheibe abschneiden, denn mit 39 Cent ist Aldi Süd beispielsweise fast doppelt so teuer.
Die 1.066 Kilometer kosteten somit in Summe 68,05 Euro bzw. 6,38 Euro pro 100 Kilometer. Dieser Wert ist trotz gestiegener Energiekosten und Autobahntempo ganz hervorragend, finde ich!
Über den Rückweg werde ich noch getrennt berichten…