Die Software von Tesla gilt gemeinhin als Musterbeispiel für gelungene Fahrzeugsoftware, Over-the-Air-Updates von Verbesserungen und neuen Features. Das schließt die rasche Korrektur von Fehlern mit ein. Doch mit dem Release 2021.44.25.2 kommt auch Tesla mit Softwareproblemen über die Rampe.
„25“ bedeutet, dass es sich um die Iteration 25 der Version der Kalenderwoche 44 handelt. Die letzte Ziffer „2“ zeigt an, dass es sich bereits um die zweite Korrektur-Release der 2021.44.25 handelt. Diese Softwareversion war also eher ein Rumpelflug! In diesem Artikel wird die Versionsnummerierung übrigens erklärt (Vorsicht: Englisch).
Zugegeben, 2021.44.25 war ein sehr großes Update und brachte die Benutzeroberfläche v11. Sie stellt eine große Veränderung dar, was für Gewohnheitstypen wie mich nicht unbedingt attraktiv ist. Beinahe nichts mehr ist am alten Platz oder sieht so aus wie vorher! Dafür sind die Icons bunt geworden.
Analysten feiern das Release, weil es die Bedienung näher an Model S und Model Y heranführt. Aber was nützt mir das bloß? Ich wechsle schließlich nicht ständig zwischen den Modellen, mein Fuhrpark umfasst lediglich das Model 3.
Was aber ist das Problem?
Mir sind bisher mehrere Probleme aufgefallen, die sich alle um die Routenplanung mit mehreren Zielen drehen, die in der Version 2021.40.6 am 19.11.2021 erstmals eingeführt wurde. Diese Möglichkeit war sehr rudimentär: Man konnte Ziele nur zwischen dem letzten Ziel einfügen, also die Strecke nicht erweitern. Wenn man bei der Reihenfolge einen Fehler machte oder ein Zwischenziel wieder entfernen wollte, musste man die gesamte Route löschen und von vorne beginnen.
Trotzdem war diese Möglichkeit bereits sehr nützlich! Mit der neuen Version wurde diese Möglichkeit erweitert und damit nützlicher. Die Reihenfolge der Wegpunkte kann nun verändert werden und Zwischenziele können auch individuell gelöscht werden.
Die Routenplanung mit Zwischenzielen war ein langgeäußerter Wunsch der Kundenbasis. Am 26. Dezember 2019 wurde dieses Ansinnen von Elon Musk noch in einem sehr kurzen Tweet („No“) abgelehnt.
Der Hauptvorteil ist natürlich, dass die Ladeplanung bei mehreren Stopps korrekt funktioniert:
Wenn ich im Normalfall von A nach B plane, dann rechnet der Routenplaner so, dass ich mit etwa 15 Prozent Restladung ankommen werde.
Für eine Weiterfahrt nach C reicht der Ladestand dann in der Regel nicht aus, denn das „Destination Charging“, also das Laden am Zielort, überlässt Tesla der Benutzerin selbst. (Also auch bei Tesla muss man mitdenken…)
Bei einer Planung A -> B -> C kann der Routenplaner berücksichtigen, dass die Fahrt nicht mit geringem Ladestand bei B endet, sondern dass man es auch noch bis C schaffen muss. Der Ladestand bei B wird dann entsprechend höher geplant.
Die Funktion ist also durchaus wichtig, möchte man „Handarbeit“ vermeiden. Lange Zeit fand dieses Argument jedoch kein Gehör.
Am 21. September 2020 kam endlich Elon Musks OK für das Feature. Der Tweet war auch bedeutend länger und enthielt ein Smiley: „Fine, we’ll do it already 😀“ („Na gut, wir machen es schon“).
Wie erwähnt, wurde der erste Teil am 19.11.2021 in Release 2021.40.6 ausgerollt, der zweite Teil nun mit Release 2021.44.25.2.
Die Probleme mit mehrfachen Zielen drehen sich aber um die Anzeige der Energieberechnung im Zusammenhang mit mehreren Zielen: Im Normalfall wird die Energieberechnung bei jedem Ladestopp neu berechnet. Bei Zwischenstopps bleibt sie aber „hängen“ und zeigt immer nur den ersten Zwischenstopp und die Energieberechnung des ersten Zwischenstopps an. Man muss die Route löschen und neu planen, damit dieser Zustand überwunden wird.
Die Routenplanung selbst macht es richtig und zeigt den Ladezustand am nächsten Ziel bzw. Ladepunkt korrekt an. Bei dieser Anzeige ist die Schriftgröße allerdings derart klein, dass selbst meine normalsichtige Tochter am Nebensitz Schwierigkeiten mit der Entzifferung hatte.
Bei der Kernfunktion des Fahrens gibt es also keine Probleme, es sind eher Anzeigeprobleme in einem weniger kritischen Untermodul zur Anzeige des Energieverbrauchs.
Das ist nun kein Grund für Schadenfreude oder „die kochen auch nur mit Wasser“. Im Gegenteil, es illustriert die Komplexität einer derartigen Entwicklung und ist eher Anlass für Verständnis der Softwareprobleme bei Volkswagen. Wobei VW durchaus einen deutlich besseren Job machen sollte als dies gegenwärtig der Fall ist.
Tesla wird die Probleme sicher rasch in einem Update reduzieren oder eliminieren und genau da stolpert Volkswagen, denn zwischen Releases liegen endlos viele Monate, auch wenn das mit Marketingsprech und allerlei Ankündigungen verschönert werden soll.
Die Situation zeigt jedoch, dass Tesla auch in Schwierigkeiten kommen kann, wenn ein vollkommen neues Leistungsmerkmal in allen Softwarekomponenten konsistent umgesetzt werden muss. Die Routenplanung mit Zwischenzielen war seit der ersten Software 2013 niemals im System enthalten und war sozusagen nie ein Teil der Software-„DNA“. Einzelne Teams implementieren im agilen Prozess (und auch sonst) mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten und unterschiedlichem Erfolg.
Möglichweise hat sich Tesla aber auch bewusst dafür entschieden, die Software mit diesem Problem auszurollen, um die „Jahresrelease“ mit der neuen Benutzerschnittstelle zum Jahresende in die Fahrzeuge zu bringen.
Vielleicht werden wir es irgendwann erfahren…
————————————————————————————— Weitere Vorschläge für Verbesserungen für Teslas Software: 10 Dinge, die Tesla von Renault lernen könnte 10 Dinge, die Tesla vom ID.3 lernen könnte