Wenn man lange nur wenig Shopping-Möglichkeiten hat, fördert das offenbar merkwürdige Einkaufsverhaltensweisen… zumindest bei mir, wie es scheint.
Als ich unlängst im Laden meines Vertrauens einkaufte, erwarb ich nach gefühlt 15 Jahren wieder einmal eine AutoBILD, Ausgabe 19 aus 2020. Gefühlt ist das Produkt kleiner und teurer als in meiner Erinnerung. Aber da wäre es nicht der einzige Fall, der mir einfällt.
Was mich zu der rücksichtslosen Geldausgabe brachte, war die Ankündigung eines Artikels auf der Titelseite: „ID.3 trifft Golf 1 – Kann auch der Neue zur Legende werden?“ Denn zugegeben: Eine derart kühne Frage hatte ich mir noch nicht zu stellen gewagt.
Beide Autos sind weiß. Abgesehen davon ist der mehrseitige Artikel inhaltlich sehr reduziert angelegt, nicht einmal Maße oder Gewichte finden sich vergleichshalber angeführt. Im Gegenteil, eine gewisse Weinerlichkeit kommt zum Ausdruck (keine wortwörtlichen Zitate): „Es muss ja leider sein, der bösen EU-Grenzwerte wegen!“ „Den eGolf gab es schon, aber der war halbherzig und zu teuer!“ „Es werden ja viele e-Ups verkauft, aber VW verdient da leider nichts!“ „Die E-Mobilität kommt ja unvermeidlicherweise, aber wir werden uns daran gewöhnen, so wie Oma (72) ans Internet!“
Also: Widerwillig, mühevoll, aber dann am Ende doch gibt es doch irgendeinen Nutzwert. Begeisterung sieht anders aus, aber bereits die schiere Existenz des Artikels zeigt schon, wie sich die Zeiten ändern. Er endet übrigens mit einem Vergleich zwischen Popcorn und der E-Mobilität. Kann man machen, natürlich.
Das Hausblatt der deutschen Automobilindustrie muss aber jetzt langsam die Rampe des E-Enthusiasmus nehmen, will sie sich nicht den Ruf als Bremser der VW-Elektrostrategie einhandeln. So ganz gelingt das noch nicht, aber bis zur Lieferung der ersten ID.3s ist noch etwas Zeit. Immerhin ist die AutoBILD ein Wochenblatt und kann seine Meinung viermal pro Monat ändern!
Doch dann fiel mir etwas Merkwürdiges auf: Die Werbung! Nun gibt es Menschen, die meinen, die ganze AutoBILD wäre eine einzige Werbung und möglicherweise ist das nicht komplett unrichtig. Sicher ist das Blatt derzeit auch etwas Corona-geschwächt, was den Anzeigenteil betrifft. Doch immerhin: Von zehn ganzseitigen Anzeigen sind vier Eigenwerbung (andere Bild-Formate und Abo-Werbung), aber drei Seiten sind Werbung für Elektrofahrzeuge.
30 % der Ganzseiter für E-Fahrzeuge! Das ist schon beinahe eine Zeitenwende, vor allem, wenn man den zunehmenden Bedeutungsverlust der Print-Formate mit berücksichtigt.
Im redaktionellen Bereich greifen 13 Seiten das Thema Elektromobilität auf, sechs Seiten davon sind der oben erwähnte Vergleichsartikel. Das ganze Heft hat 76 Seiten. Damit liegt der Elektro-Anteil lediglich bei etwas über 17 %.
Die Werbewirtschaft ist der Redaktion also bereits deutlich voraus…