Aus familiärem Anlass musste ich unlängst für einige Tage verreisen und am Zielort einen Leihwagen benutzen.
Der bezahlbare Vermieter hatte kein Elektroauto im Bestand und so wurde ich mit dem Gottseibeiuns der Mobilität versorgt: einem Dieselfahrzeug. Zum Glück war es ausgestattet mit Euro 6temp-Abgasreinigung und gefülltem AdBlue-Tank, kurzum ein BMW neuester Serie mit gerade mal 50 km auf der Uhr. Die ständige Angst vor dem ersten Kratzer fuhr mit, das kann schon an den Nerven zerren.
Der besagte BMW verfügte über drei Einstellmöglichkeiten: Sport, Comfort und EcoPro. Diese Betriebsarten hatten weitere Unterpunkten, deren Existenz und Voreinstellungen die Unterschiede zu einem Elektrofahrzeug auf interessante Art kontrastierte: Im Modus EcoPro (warum eigentlich nicht nur Eco?) wird die Leistung der Sitzheizung reduziert, wohl in der Annahme, dass die normale Heizleistung für angenehme Temperaturen ausreicht und zusätzliche Erwärmung der Kehrseite energetischen Luxus darstellt. In einem Elektrofahrzeug ist das genau umgekehrt: Ein Eco-Modus führt zu reduzierter Heizleistung, sodass die Effektivität der Sitzheizung für das erreichte Komfortniveau entscheidend ist.
Prinzipbedingt ist das in einem Verbrennerfahrzeug zumindest zeitweise auch so: Zu Fahrbeginn bei kaltem Motor hat man nur die Sitzheizung zur Verfügung, erst nach der Warmlaufphase ist sie weniger wichtig. Dem haben die BMW-Ingenieure vielleicht auch Rechnung getragen: Bei jedem Neustart wird wieder auf „Comfort“ gestellt – maximale Heizung des Hinterteils eingeschlossen. Wer also vergisst, gleich nach dem Start auf EcoPro zu stellen, darf sich über angenehme Sitztemperaturen freuen. Für die weniger Vergesslichen lässt sich die Absenkung der Heizleistung aber auch wegkonfigurieren.
Zurück zum Thema. Der EcoPro-Modus verfügt auch über ein pädagogisches Element, wie das mittlerweile so üblich ist: Eine Anzeige über die Effizienz des Fahrstils. Anstelle der gewohnten 100 Blätter (Renault Zoe) gibt es im BMW zweimal fünf Sterne, jeweils für vorhersehendes Fahren („Anticipation“) und maßvolle Beschleunigung („Acceleration“).
Die sind gar nicht so einfach zu erreichen, aber mit dem trainierten Strompedalfuß des E-Autofahrers war es ohne weiteres möglich – wenn man nicht vergisst, auf EcoPro zu schalten – alle Sterne abzuräumen. 6,0 Liter Diesel auf 100 km sind tatsächlich nicht schlecht für ein aktuelles – und damit relativ schweres – Mittelklasseauto, ist aber noch immer der drei- bis vierfache Energieverbrauch eines Elektrofahrzeugs (und verbrennt unwiederbringliche Ressourcen). Dank der Mikrotanks (40 Liter!), die zur Gewichts-, Platz- und Kosteneinsparung heutzutage verbaut werden, war die vielbeschworene Diesel-Reichweite nun auch nicht so berauschend.
Jedenfalls: Wer E-Auto-geübt ist, kann ohne Stress das Bestmögliche aus einem Verbrenner herausholen.
(Martin Guss)